Samstag, 11. November 2017

Rezension: Gisa Klönne - Nichts als Erlösung

Erlöse mich von der Vergangnheit

**1)       ** **Inhalt**



Judith Krieger ist eine Kriminalermittlerin, die durch Zufall frühmorgens an einen Tatort kommt – Jonas Vollenweider, ein ausgewanderter Deutscher, der nur für ein paar Tage wieder im Land hätte sein wollen, liegt erschossen unter einer Eisenbahnbrücke. Durch die Ermittlungen kommt heraus, dass er der Letzte seiner Familie gewesen ist – Eltern und die Schwester wurden vor zwei Jahrzehnten von einem Unbekannten ermordet, die Leichen jedoch nie gefunden. Obwohl Jonas damals als Mordverdächtiger gegolten hatte, kann ihm jedoch nie etwas nachgewiesen werden.

Im Zuge der Untersuchungen wird immer deutlicher, dass Jonas tatsächlich nicht der Mörder von damals sein kann. Der echte Täter schickt Judith Krieger immer wieder Fotos, die verschiedene Tatorte zeigen, sodass die Polizei ihm langsam auf die Schliche kommt. Die Leichen werden weit entfernt in einem Waldstück gefunden und es stellt sich heraus, dass Miriam, Jonas’ Schwester, eine Affäre mit einem älteren Mann gehabt hatte, der für die Taten verantwortlich sein könnte.

Zusätzlich zu dieser Geschichte gibt es da noch Eric Sievert und seine Familie. Als illegaler Schatzsucher in der sumpfigen Au unterwegs, findet er immer wieder Artefakte, die er eigentlich den Behörden übergeben müsste, sie stattdessen aber gewinnbringend verkauft. Eines Tages findet er eine goldene Kette, die er seiner Frau schenkt. Es stellt sich heraus, dass das Schmuckstück eigentlich Miriam gehört hat, die es von ihrem älteren Freund geschenkt bekommen hatte. Allmählich ergibt sich eine Verbindung zwischen Eric Sievert und dem Ermittlerteam.

Sieverts guter Freund Kurt gerät schließlich ins Visier der Ermittlungen. Er war in einem Kinderheim aufgewachsen, was im Zuge des Romans mehr und mehr eine bedeutsame Rolle spielen wird. Die Kinderheime der 80er Jahre – eines davon ist das Heim Frohsinn, in welchem Jonas Vollenweiders Eltern früher als „Heimeltern“ gearbeitet hatten – waren weniger dazu da, den Waisen eine angenehme Kindheit zu bereiten, als sie als billige Arbeitskräfte auszubeuten und ihnen jegliches Recht auf Freiheit und eigenen Willen zu nehmen. Zu allem Überfluss findet die Polizei schließlich auch noch zahlreiche Kinderleichen, die im Gemüsebeet des inzwischen zur Ruine verfallenen Hauses Frohsinn verscharrt worden waren und bis heute Spuren von Misshandlungen aufweisen.

Judith Krieger kommt des Lösung des Falls indessen bei Jonas Vollenweiders hinterlassenen hochschwangeren Frau auf Griechenland näher. Sie erzählt von dieser goldenen Kette, die sich als wichtiges Schlüsselelement zur Lösung des Falls herausstellen wird. Früher hatte es einem Heimkind namens Rudi gehört und ein Foto seiner Mutter enthalten. Nachdem es ihm von den Vollenweiders brutal weggenommen worden war, entwickelte dieser einen Mutterkomplex und entschließt sich schließlich dazu, sich an den herzlosen Heimeltern Vollenweider zu rächen. Doch was ist mit Miriam? Ist sie vielleicht noch am Leben? Wer verbirgt sich hinter dem nichtssagenden Vornamen „Rudi“? Ist der Täter vielleicht die ganze Zeit über ganz in der Nähe?



**2)       ** **Stilistisches und Sprachliches**



Das Werk ist von Beginn bis zum Ende im Präsens geschrieben. Dadurch wird zwar ein besonderer Stil ausgedrückt, allerdings fällt es anfangs schwer, sie an diese Art der Erzählung zu gewöhnen. Andererseits jedoch ist der Zweck dieser sprachlichen Methode natürlich klar – die LeserInnen sollen unmittelbar das miterleben, was auch die Protagonisten erfahren. Diese Unmittelbarkeit des Geschehens kann anders nur schwer ausgedrückt werden.



Im Buch werden verschiedene Perspektiven verwendet, sodass man nicht nur aus der Sicht von Judith Krieger liest, sondern viele verschiedene Protagonisten auf ihren Wegen begleitet und damit größere Zusammenhänge als die Einzelpersonen erkennen kann.



**3)       ** **Kritik**



Bis zuletzt strotzt der Roman vor Spannung. Als LeserIn wird man immer wieder auf die falsche Fährte geführt und weiß bis zuletzt nicht, wer tatsächlich der Täter gewesen ist. Als die Auflösung schließlich geboten wird, steht man wirklich einer Überraschung gegenüber.



Zudem leistet das Werk einen wichtigen Beitrag zur Bewusstmachung der Zustände in damaligen Kinderheimen. Ich persönlich hatte davor nie über die dramatischen Misshandlungen in solchem Ausmaß gehört. Gisa Klönne gelingt es, diese verdrängten Tatsachen wieder in Erinnerung zu rufen und die LeserInnen dazu aufzurufen, sich Gedanken um dieses Thema zu machen, um damit vielleicht wenigstens manchen der Opfer von damals ihren Tribut zu zollen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Rezension: Thilo Falk - Dark Clouds

Erschreckend realitätsnah  Die Welt in naher Zukunft. Starkwetterereignisse treten überall in Deutschland überraschend auf und führen zu gro...