Samstag, 11. November 2017

Rezension: Viveca Sten - Tod im Schärengarten

Segeln kann gefährlich sein

1) Inhalt

Oscar Juliander wird vor den Augen hunderter Zuschauer erschossen – genau in dem Moment, als der Startschuss zur berühmten Segelregatta vor den schwedischen Schäreninseln fällt. Hat ihn einer seiner Konkurrenten aus dem Weg geräumt? Denn Juliander galt als Favorit …

Die Ermittlungen, die Thomas Andreasson gemeinsam mit seiner Kollegin Margit Grankvist leitet, verlaufen ziemlich schnell im Sand. Zwar stellt sich heraus, dass Juliander Drogen konsumiert hat und auch in Bezug auf Frauen trotz seiner Ehe kein unbeschriebenes Blatt gewesen ist, jedoch bringen diese Erkenntnisse die Polizei keineswegs weiter. Julianders Ehefrau scheint von Oscars Verfehlungen Bescheid gewusst zu haben, wirkt aber in keiner Hinsicht so, als hätte sie ihn aus dem Weg räumen wollen. Ob eine andere seiner Liebschaften mit dem Mord zu tun hat? Der Verdacht erhärtet sich, als Julianders Sekretärin Droh-Emails bekommt.

Nebenbei gibt es da Nora, Thomas’ Jugendfreundin, die ein altes Haus geerbt hat und es um keinen Preis verkaufen will – obwohl Schweizer Interessenten dazu bereit wären, mehrere Millionen für das Gebäude auf den Tisch zu legen. Noch dazu hat Tante Signe letztes Jahr zwei Personen und sich selbst umgebracht, weil sie das Haus keinesfalls aufgeben wollte …

2) Sprache / Stil

Im Laufe des Romans fällt vor allem die Gliederung auf: Die einzelnen Kapitel werden noch einmal in Tage und Wochen unterteilt. So hat man ständig einen Überblick, an welchem Tag in welcher Ermittlungswoche sich die Handlung gerade befindet. Es fällt jedoch auf, dass mit zunehmendem Fortgang der Erzählung auch die Anzahl der Kapitel pro Tag und Woche deutlich schrumpft – während zu Beginn noch ziemlich viel in kurzer Zeit abläuft, wird später nicht nur inhaltlich, sondern auch formal deutlich, dass die Ermittlungen langsam immer mehr im Sand verlaufen.

Eine weitere stilistische Eigenart des Romans stellen die inneren Monologe dar, die die Handlung immer wieder unterbrechen. Es handelt sich offensichtlich um die Erlebenswelt eines Mannes, der seinen Werdegang vom kleinen Jungen über seine Hochzeit und die Geburt seiner Kinder bis hin zur Gegenwart beschreibt. Um wen es sich tatsächlich handelt, wird erst im letzten Monolog klar – bis dahin gibt es mehrere Protagonisten, auf welche diese Lebensgeschichte zutreffen könnte. Die Schilderung und ihre Auflösung am Ende sind der Autorin besonders gut gelungen und erhöhen die Gesamtspannung bis zum Ende deutlich.

3) Kritik

Die Beziehung zwischen Nora und Henrik wird im Gegensatz zu manch anderen Personenkonstellationen sehr anschaulich und realistisch gezeichnet. Als LeserIn kann man sich nach der Vorgeschichte vor allem in Henriks Position hineinversetzen, der Signes Haus um jeden Preis verkaufen will. Noras wenig sympathische Verbohrtheit ist der Autorin stilgerecht gelungen und trägt dazu bei, sich mehr und mehr mit dem Inhalt des Romans zu identifizieren.

Trotz dieser positiven Aspekte tun sich jedoch auch manche Ungereimtheiten auf. Die Schilderung der Ermittlungsarbeit erscheint hin und wieder absichtlich in die Länge gezogen – beispielweise dann, als Andreasson und Grankvist versuchen, die teilnehmenden Schiffe der Segelregatta auf einer Fotographie zu identifizieren. Hier mühen sich die Protagonisten auf umständliche Weise seitenlang ab, anstatt einfach ein Mitglied des KSSS zu Rate zu ziehen.

4) Empfehlung

Der Roman wirkt auf der einen Seite langatmig und wenig spannend, präsentiert am Ende jedoch eine sehr gelungene und durchaus überraschende Auflösung des Falls. Es lohnt sich also, den mühsamen Leseweg auf sich zu nehmen.

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